Indien 2024

In diesem Jahr haben wir uns entschieden, das wunderbare (Kaffee-) Land Indien zu besuchen und die Kaffeebauern bei der Ernte zu begleiten, da wir unsere alljährliche Reise nach Mexico nicht antreten konnten aufgrund andauernder Unruhen im Chiapas in Mexico zwischen 2 Drogenkartellen, die dort ihre Territoriumskämpfe austragen und die Kontrolle des gesamten Gebietes übernommen haben. Insgesamt steckt der Anbau von Bio-Kaffee in Zentralamerika in einer tiefen Krise aufgrund der extremen Wetterbedingungen. Die Kaffeeerträge an den Bäumen sind zum Teil um über 50 % zurückgegangen aufgrund der anhaltenden Feuchtigkeit auf den Plantagen, die die Ausbreitung von Pilzerkrankungen erheblich begünstigt. Mit unseren fleißigen Spendern, den Gästen in unseren eigenen 3 Kaffeefachgeschäften, konnten wir zur Weihnachtszeit einen größeren Geldbetrag an unser Kaffeeprojekt in Guatemala Lampocoy übergeben, welcher dem dortigen Frauenprojekt, der Schule für Kinder mit Behinderungen und dem Aufforstungsprogramm zu Gute kommt.

Nun aber nach Indien:

Unsere erste Station führte uns ganz in den Süden Indiens, nach Kerala zur Highrange Agricultural Society, einer bio- und Demeter- zertifizierten Kooperative. Die von uns besuchte 15 Hektar große Farm von Mr. Warki Dewsye und seinem Sohn baut neben Robusta-Kaffee auf 900 m Höhe auch Nelken, Kardamom, Ingwer, Chili und Pfeffer an, deren Bäume den empfindlichen Kaffeesträuchern als Schattenbäume dienen. Ein Teil der Kaffeebäume wird hier bereits seit 150 Jahren genutzt. Hierfür werden die Stämme geschlitzt, in die Schlitze neue Triebe gesetzt, die, wenn sie anwachsen, deutlich mehr Kaffeekirschen entwickeln, als es die alten Bäume noch könnten.

Exemplarisch für den indischen Kaffeeanbau wurde uns hier von Bijumin, dem Gründer des Unternehmens Plantrich, welches hier 4 verschiedene Kooperativen betreut und unterstützt, erklärt, wie das „Geomapping“ funktioniert, welches zukünftig auch im Kaffeesektor obligatorisch sein wird. Hierbei wird es verpflichtend für uns sein, nachzuweisen, dass auf den Plantagen keine Entwaldung und Landvertreibung stattgefunden hat und die sozial verpflichtenden Standards eingehalten werden. Dazu wird eine App mit dem Namen „Hubtrace“ genutzt, anhand derer die Kaffeeplantagen kartografiert werden und die Bauern dort ihre eingesetzten natürlichen Pestizide ebenso nachweisen müssen wie Menge der geernteten Kaffeekirschen usw.. Diese Daten können wir dann bei uns abrufen. Auf der anderen Seite können die Kaffeebauern die App dazu nutzen, um sich über die Krankheiten, die Kaffee befallen können, zu informieren, ebenso wie über die verbotenen Pestizide, alle Organisationen (Bio/Rainforest Alliance/Demeter usw.) und vieles mehr. Neben dem Kennenlernen weiterer Kaffeebauern und deren Plantagen der Kooperative, konnten wir bei Plantrich und bei einigen Farmen auch direkt die Kaffees der von uns besuchten Kaffeebauern und andere Bio- und Demeter-zertifizierten Kaffees aus der Region, von denen wir einige Farmen noch besichtigen würden, selbst verkosten.

Hier in Kerala hatten wir auch die Möglichkeit, eine Teeplantage zu besuchen, beim Teepflücken dabei zu sein und die wunderbare Stimmung inmitten von Teefeldern auf uns wirken lassen.

Am Tag darauf durften wir einen kleinen Einblick in ein so genanntes „Tal der 100 Jährigen“ in der Region Thekkady nehmen, wie wir es nur aus Equador kennen. Hier wird Kaffeeanbau noch in der ursprünglichsten Form betrieben, die Kaffeebäume nicht beschnitten und die Ernte der Kaffeekirschen von den bis zu 5 Meter hohen Bäumen mittels Stangen aus dicken Schilfrohren, die als Leitern dienen, vorgenommen. Dieser Tribe von indischen Ureinwohnern, genannt Adivasi, hat sich der modernen Zivilisation noch weitestgehend verschlossen, wodurch die 167 Familien fast komplett verschont bleiben von modernen Zivilisationserkrankungen, zu Teilen über 100 Jahre alt werden und bis ins hohe Alter noch ihren Aufgaben nachgehen können. Der Kaffee wird hier ausschließlich von den Frauen geerntet, die ihre Saris auf dem Rücken zum Rucksack für die geernteten Kaffeekirschen binden. Die Männer gehen auf Fischfang und kümmern sich um das „Tiger-Reserve“, eine Art Nationalpark, in dem noch einige der letzten bengalischen Tiger in freier Natur leben. Der Tiger ist den Indern heilig, da die Göttin Durga im Hinduismus auf einem Tiger reitet und für die Menschen gegen böse Geister kämpft.

Die einzelnen Familien besitzen nur kleinste Kaffeeparzellen rund um ihre Hütten bis maximal 2 Hektar. Hier wird neben Kaffee auch Pfeffer und andere Gewürz geerntet und Honig kultiviert.

In dieser Woche haben wir bereits erste Robusta-Muster auf den Schreibtisch bei uns in Hamburg bekommen und hatten die Möglichkeit, diesen Kaffee selbst zu rösten und zu verkosten. Wir waren von der Qualität und dem ungewöhnlich milden Aroma so begeistert, dass wir diesen als Premiere in unserer Manufaktur nicht nur zum Espresso, sondern auch zum Filterkaffee rösten werden.

Unser nächster Reisetag führte uns unweit der Großstadt Bangalore in die Bababudangiri Region und seine atemberaubend schöne Landschaft, auf eine mit rund 50 Hektar eher größere Kaffeefarm, die „Estate Yelnoorkhan“, auf der wir die Ernte und Aufbereitung von Arabica-Kaffeekirschen in seiner Gesamtheit erleben konnten.

Wer diese Prozesse einmal mit eigenen Augen erleben durfte, weiß, wie viel Handarbeit und Sorgfalt nötig ist, bevor der Rohkaffee sich überhaupt auf den Weg zu uns macht. 1000 Worte können dies nicht so gut beschreiben, wie die folgenden Bilder……

Hier konnten wir uns auch ein wenig Einblick verschaffen über die Bezahlung der Erntearbeiter/innen. Das Grundgehalt für den Tag beträgt 425 Rupien (100 Rupien entsprechen momentan ca. 1 Euro und 11 Cent). Ab einer Ernte von 40 kg Kaffeekirschen (nur die nach dem Aussortieren übrig gebliebenen, vollreifen) gibt es einen Bonus von 4 Rupien und bei mehr als 10 kg zusätzlich 100 Rupien. Die maximale Bezahlung pro Tag beträgt 700 Rupien. Uns wurde erklärt; dass ein/e sehr schnelle/r Pflücker/in maximal 60-70 kg reife Kaffeekirschen pro Tag ernten können. Unser letzter Tag in „mother India“ führte uns auf die bereits 170 Jahre alte Kaffeefarm Bartchinulla Estate bei Mysore, in der Region Karnataka. Auf dieser Farm wird neben Arabica- und Robusta- Kaffeebohnen auch die äußerst seltene Varietät „Liberica“ angebaut, deren Bäume bis zu 20 m hoch werden können. Hier sind die verschiedenen Parzellen der Farm nach Hindu-Göttern benannt. Neben dem Kaffee wird hier auch Pfeffer angebaut, welchen wir uns auf der Parzelle des Gottes „Shiva“ angeschaut haben. Unser Guide Ashwin, der bereits in 4. Generation die Farm betreibt, hat uns auch die Herstellung organisch aktiven Düngers unter Zuhilfenahme von Würmern, Wasserenergetisierung über Fische und so viel mehr zum Thema Ökologie & Nachhaltigkeit gezeigt.

Wir waren glücklich über ein tolles Cupping (Verkostung) der verschiedenen Varietäten zum Abschluss unserer Reise, bevor wir uns auf den langen Weg zurück nach Hamburg gemacht haben.